Reichtum und das Streben nach Reichtum und Erfolg sind im Christentum nicht per se verwerflich

Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann – tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde.

— Margaret Mead

Reichtum und das Streben nach Reichtum und Erfolg sind im Christentum nicht per se verwerflich

“Nimmt man nun Baxters ‘Ewige Ruhe der Heiligen‘ und sein ‚Christian Directory‘ oder auch verwandte Arbeiten anderer zur Hand, so fällt auf den ersten Blick in den Urteilen über den Reichtum und seinen Erwerb die Betonung gerade der ebitionistischen Elemente der neutestamentlichen Verkündung auf. Der Reichtum als solcher ist eine schwere Gefahr, seine Versuchungen sind unausgesetzte, das Streben danach nicht nur sinnlos gegenüber der überragenden Bedeutung des Gottesreichs, sondern auch sittlich bedenklich. Weit schärfer als bei Calvin, der in dem Reichtum der Geistlichen kein Hindernis für ihre Wirksamkeit, im Gegenteil eine sogar erwünschte Steigerung ihres Ansehens erblickte, ihnen gestattete, ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen, nur unter Vermeidung von Ärgernis, scheint hier die Askese gegen jedes Streben nach Erwerb zeitlicher Güter gerichtet. Man kann die Beispiele der Verdammung des Strebens nach Geld und Gut aus puritanischen Schriften ganz beliebig häufen und mit der darin viel unbefangeneren spätmittelalterlichen ethischen Literatur kontrastieren. Und es ist mit diesen Bedenken auch durchaus ernst gemeint – nur bedarf es etwas näheren Zusehens, um ihren entscheidenden ethischen Sinn und Zusammenhang zu bemerken. Das sittlich wirklich Verwerfliche ist nämlich das Ausruhen auf dem Besitz, der Genuß des Reichtums mit seiner Konsequenz von Müßigkeit und Fleischeslust, vor allem von Ablenkung von dem Streben nach ‚heiligem‘ Leben. Und nur weil der Besitz die Gefahr dieses Ausruhens mit sich bringt, ist er bedenklich. Denn die ‚ewige Ruhe der Heiligen‘ liegt im Jenseits, auf Erden aber muß auch der Mensch, um seines Gnadenstandes sicher zu werden, ‚wirken die Werke dessen, der ihn gesandt hat, solange es Tag ist‘. Nicht Muße und Genuß, sondern nur Handeln dient nach dem unzweideutig geoffenbarten Willen Gottes zur Mehrung seines Ruhms. Zeitvergeudung ist also die erste und prinzipiell schwerste aller Sünden. Die Zeitspanne des Lebens ist unendlich kurz und kostbar, um die eigene Berufung ‚festzumachen‘. Zeitverlust durch Geselligkeit, ‚faules Gerede‘, Luxus, selbst durch mehr als der Gesunheit nötigen Schlaf – 6 bis höchstens 8 Stunden – ist sittlich absolut verwerflich. Es heißt noch nicht wie bei Franklin: ‚Zeit ist Geld‘, aber der Satz gilt gewissermaßen im spirituellen Sinn: Sie ist unendlich wertvoll, weil jede verlorene Stunde der Arbeit im Dienst des Ruhmes Gottes entzogen ist. Wertlos und eventuell direkt verwerflich ist daher auch untätige Kontemplation, mindestens wenn sie auf Kosten der Berufsarbeit erfolgt. Denn sie ist Gott minder wohlgefällig als das aktive Tun seines Willens im Beruf. Überdies ist für sie der Sonntag da, und es sind nach Baxter immer diejenigen, die in ihrem Beruf müßig sind, welche auch für Gott keine Zeit haben, wenn die Stunde dafür da ist.“

Max Weber (Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus)

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