„In einem Spiegel-Interview verkündet Tadzio Müller, Mitbegründer von ‚Ende Gelände‘ und professioneller Protestbewegungssurfer, dass sich eine ‚grüne RAF‘ bilden könnte. Dass sich die Klimabewegung radikalisiert, ist aus ihrer Logik nur folgerichtig – gerade weil die Grünen regieren werden…. ‚Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF. Oder Klimapartisanen. Oder Sabotage for Future. Wie auch immer sie sich dann nennen…. In der Klimakrise kann sich die Bewegung gerade zwischen Irrelevanz und Militanz entscheiden…Zerdepperte Autoshowrooms, zerstörte Autos, Sabotage in Gaskraftwerken oder an Pipelines. Das wird es nächsten Sommer auf jeden Fall geben. Ich höre das aus der Bewegung, sogar von eher moderaten Akteuren … Militante Aktivisten werden für mehrere Jahre im Knast landen. Ein Großteil der Bewegung wird Angst bekommen und friedlich werden. Ein kleiner Teil wird in den Untergrund gehen …Wir haben einfach keine anderen Optionen mehr. Wir haben alles probiert. Ich rufe sie [die bürgerliche Mitte] dazu auf, zu erdulden, dass Leute Dinge tun werden, die sie ablehnt und habituell abstoßend findet … Jeder Mensch muss sich klarmachen: Sabotage ist vielleicht nicht in ihrem Sinne, aber in ihrem Interesse …‘….
Die ‚Klimaaktivisten‘ werden durch Blockaden, durch die Zerstörung von Sachgegenständen, durch Gewalt gegen Menschen, durch die bewusste Inkaufnahme, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen, bis hin zu Angriffen auf Kohle- und Gaskraftwerke versuchen, ihre immer weitergehenden Ziele durchzusetzen – und umso mehr die Ampel-Regierung der Klimabewegung, als dessen Teil sie sich empfindet, entgegenkommt, umso radikaler wird die Bewegung, wie ein verwöhntes Kind, das nie zufrieden ist und immer noch mehr will.
Dass die Ziele immer radikaler werden, liegt am Wesen einer Bewegung, die nicht die Wirklichkeit, sondern eine im Kern totalitäre, das heißt eine geschlossene Ideologie antreibt, die Wissenschaft nicht als Progress von Trial and Error versteht, sondern als Religion, nicht als Lieferant von nachprüfbaren Erkenntnissen, die von neuen Erkenntnissen revidiert werden, sondern als Quelle ewiger Wahrheiten….
Sandra Detzer, Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg, hat es vor Kurzem in der WELT auf den Punkt gebracht, wie die Grünen in der Regierung ihre totalitäre Utopie eines neuen Sozialismus, einer neuen Kommandowirtschaft durchsetzen wollen, indem sie nicht verhandeln. ‚Und deshalb wird gerade uns Grüne an der Regierung anschließend nichts mehr aufhalten können. Wir werden mit aller uns dann zur Verfügung stehenden Macht gestalten und vorangehen‘…..
Hier erfolgt die für Linke typische Opfer-Täter-Umkehr, denn weil die Gesellschaft nicht begreift, was die erleuchteten Aktivisten verstanden haben, weil eben ‚demokratischer Fortschritt in den seltensten Fällen aus dem politischen System selbst heraus geschieht‘, ist die Anwendung von Gewalt legitim, schließlich hat die Gesellschaft nicht begriffen, wie wichtig der Klimaschutz, also die Abschaffung des Kapitalismus ist…… Weil also die Gesellschaft die Grünen nicht mit einer absoluten parlamentarischen Mehrheit ausgestattet hat, muss die Gesellschaft eben gezwungen werden, so zu tun, als hätten die Grünen die absolute Mehrheit. Denn die Ideologen haben wie einst Stalin recht und sind unfehlbar…
Merkels Politik, rot-grüne Ideologen in Parteien und an Universitäten, apokalypsepropagierende Medien tragen die Schuld, wenn es zu Gewalt und Destabilisierung kommt, weil sie den Diskurs ausgehebelt und die Ideologie der Klimabewegung für alternativlos erklärt haben. Sie erzeugen eine Gesellschaft, in der nicht mehr miteinander geredet und um Standpunkte gerungen, sondern nur noch gehandelt wird.“
Klaus-Rüdiger Mai (TE, 24. November 2021)