„Napoleon auf St. Helena (zu Graf Las Casas): ‚Das Haus Österreich muß die Seele der Unabhängigkeit Europas bleiben.‘ Der Kaiser sprach von der Überlegenheit Rußlands über den Rest von Europa. ‚Rußland könne nur während des dritten und vierten Teils des Jahres angegriffen werden, während es uns während aller zwölf Monate angreifen könne. Zu den Naturvorteilen käme eine ungeheure Bevölkerungsmasse, hinzu tapfer, ergeben und duldend, mit Einschluß der zahlreichen Horden, für die Entbehrung und Wunden der natürliche Existenzzustand sind. Wen schaudert es nicht bei dem Gedanken an eine solche Riesenmasse, die weder in der Flanke noch im Rücken angegriffen werden kann, die im Sieg alles überwältigt und in der Niederlage sich in die Regionen der Kälte und Abgeschiedenheit zurückziehen kann.
Sollte ein Zar entstehen mit einem Bart auf dem Kinn, würde Europa ihm gehören. Er mag seine Operationen in Berlin und Wien beginnen, einige Feuerbrände auf Italien werfen und triumphierend nach Paris ziehen, um sich als neuen Befreier zu proklamieren. Sie mögen fragen: Zu welchem Zweck? Um einen neuen Zustand der Gesellschaft zu etablieren, einen Segen, den Europa erwartet und herbeiwünscht.“
Jeder Satz dieses Monologes von säkularer Bedeutung gilt wohl für lange Zeit noch ebenso wie damals, als er von dem Verbannten auf der fernsten afrikanischen Insel ausgesprochen wurde, mit Einschluß des so seltsam merkwürdigen Schlusses, der eine Realität gewonnen hat, die sein Autor wohl kaum geahnt hat.
Westeuropa hat in den fünf Jahrzehnten nach dem Wiener Kongreß die Macht Rußlands voll eingeschätzt; dann aber kam der rasche Aufstieg Deutschlands, das sich durch sein Bündnis mit Österreich und der Türkei breit zwischen Rußland und Großbritannien legte.“
Felix Somary (1955)