Das elfte Gesetz:
Je besser der Nachrichtendienst, desto weniger dringen der Tyrannis ungünstige Meldungen an die Außenwelt.
Post, Telegraph, Telephon, Radio und Television sind entweder schon im Frieden vom Staat organisiert oder so zentralisiert, daß sie sofortiger Kontrolle unterliegen. In der Zeit primitivster Nachrichtenübermittlung drangen die Märtyrergeschichten weit hinaus – in der Gegenwart kommt aus den Konzentrationslagern kaum ein Ton an die Öffentlichkeit. Je mehr Zeitungen erscheinen und je reicher ihr Inhalt wird, desto schwerer kann sich eine wirkliche öffentliche Meinung bilden: Der Leser wird verwirrt durch die Fülle täglicher Nachrichten und vermag aus dem allzu vielen Nebensächlichen das wenige Wichtige kaum herauszufinden. Mit den steigenden Kosten eines umfangreichen Informationsdienstes wächst die Bedeutung der Selbstankündigungen und -anpreisungen außerhalb und innerhalb des Textes. Im größten Maß haben hiervon die Regierungen – und nicht bloß die totalitären – Gebrauch gemacht; die verschiedenen Departements der Regierungen sowie der internationalen Organisationen überschwemmen mit ihren Public Relations Professionals die Zeitungen, die dadurch immer mehr an innerer Unabhängigkeit verlieren – eine furchtbare Gefahr! Ist doch die Bildung einer unabhängigen öffentlichen Meinung die Aufgabe, die dem Journalisten den Berufsadel verleiht.
Felix Somary