US-Regierung und US-Militärführung

Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.

— Mark Twain

US-Regierung und US-Militärführung

„Je höher der Platz auf der hierarchischen Stufenleiter, desto unzulänglicher wird er ausgefüllt.

Tausende Korporale in jeder größeren Armee sind ihrer Aufgabe voll gewachsen, ein fähiger Armeechef taucht kaum einmal in einer Generation auf. Das Prinzip der Gleichheit kann dem Staat zur Lebensgefahr werden, wenn es in kritischen Zeiten auf die oberen Ränge angewendet wird.“

Felix Somary

 

In engem Zusammenhang stehen die beiden folgenden Gesetze:

 

Das zweite Gesetz:

Je größer (im öffentlichen Leben) die Schuld, desto geringer die Sühne.

Die gleiche Strafe trifft den, der den Tod eines Menschen und den, der den Tod von Millionen zu verantworten hat. Die Möglichkeit der Unheilstiftung mag für den Regierungschef unbegrenzt sein, die Sühnung ist stets eng begrenzt. Auch ein Staatsmann, der einen unglücklichen Krieg veranlaßt oder ganze Nationen vertreibt oder ausrottet, kann nur mit dem Verlust seines Lebens bestraft werden. Nur der erste Mord kann wirklich bestraft werden, alle folgenden sind straffrei, und dieses Bewußtsein ist die Ursache der Ruchlosigkeit bei Diktatoren und Heerführern. Für einen Mann, der Tausende oder Millionen von Menschen auf seinem Gewissen hat, gibt es keine adäquate Strafe: Er kann nur einmal hingerichtet werden.

 

Das dritte Gesetz:

Je mehr Rechte jemandem zustehen, desto weniger werden sie wahrgenommen.

Der Bettler in Süditalien verteidigt seinen traditionellen Platz mit allen Kräften – der deutsche Arbeiter hat sich seine Regierungsposition widerstandslos von Hitler entreißen lassen, und ein guter Teil der amerikanischen Wähler hält sich von der Präsidentenwahl fern. Wo allen alle Rechte zustehen, dort ist kein Recht wirklich behütet.

 

 

Das vierte Gesetz steht mit dem ersten und dritten in Zusammenhang:

Je mehr Funktionen ein Staat übernimmt, desto schwerer ist seine Verwaltung zu kontrollieren.

Wie wenig Menschen vermögen den russischen Wirtschaftsplan oder das amerikanische Budget zu kontrollieren? Wenn man einen unter einer Million der dazu Berechtigten annimmt, so geht man eher zu weit; fehlt doch so gut wie allen zum Studium Zeit, Erfahrung und Interesse. Auch die parlamentarische Kontrolle versagt dort, wo der Staat Politik und Wirtschaft allseitig dirigiert.

 

Felix Somary

 

Daher das fünfte Gesetz:

Je größer und vielseitiger der Staat, desto einflußloser das Volk.

Der Bürger des schweizerischen Kantons Nidwalden kann in seiner Landsgemeinde zur Entscheidung beitragen – aber welchen Einfluß hat der einzelne auf die Geschicke Rußlands oder selbst Amerikas?

 

Das sechste Gesetz:

Je stärker der Druck der Regierung, desto geringer der Widerstand der Massen.

Die Engländer revoltierten nicht gegen den brutalen Heinrich VIII., sondern gegen den hochkultivierten Charles, die Franzosen nicht gegen den dauernden Kriegszustand unter Ludwig XIV., wohl aber gegen den gutmütigen Ludwig XVI. Die Herabdrückung des Lebensstandards auf das Minimum vollzog sich in Rußland ohne Widerstand, während in der Union schon eine leichte Senkung mit Unwillen aufgenommen wird. Stärkster Druck, der die Lebensgewohnheiten radikal ändert und alle trifft, wird als Schicksal empfunden, der Kampf dagegen als aussichtslos angesehen. Maxime für Staatsmänner: Wenn du drücken mußt, drücke zu Beginn und drücke hart. Wo der Druck zum politischen System gehört, dort wird er nach einiger Zeit als selbstverständlich angenommen.

Ein Rechtsstaat soll auch nicht in einem einzigen Fall vom Recht abweichen und ein Machtstaat soll nicht Gnade üben – beides erregt, weil von der Norm abweichend, Aufsehen und wird leicht als Schwäche empfunden. Im Rechtsstaat fällt jede einzelne Verurteilung aus politischen Motiven als Anomalie auf und findet scharfe Kritik. Wie groß war der Entrüstungssturm über die Hinrichtung von Sacco und Vanzetti in Amerika; jedes einzelne der neunzehn politischen Todesurteile in der achtundsechzigjährigen Regierung Franz Josephs gab Anstoß zu weltweiter Empörung und Protest, und zu Anfang des 20. Jahrhunderts, selbst nach Trotzkis Ausspruch der mildesten Zeit, die je gewesen, stimmte das Bürgertum in den isolierten Fällen von Todesstrafe wegen politischen Mordes einen scharfen Mißbilligungschor an. Vom Machtstaat dagegen werden grausamste und willkürliche Verurteilungen in Millionen von Fällen als selbstverständlich hingenommen: Da sie zum System gehören und so massenhaft gefällt werden, nimmt man davon nicht mehr Notiz, und die Regierung braucht sich weder nach innen noch nach außen zu rechtfertigen. Nie hat eine andere Ära den Regierungen der Machtstaaten gestattet, so ungestraft unter der vollen Apathie der Weltmeinung zu morden, wie die Endperiode der Epoche, die mit der Deklaration der Menschenrechte einsetzte.

 

Felix Somary

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