Schädliche staatliche Bildungssysteme

Wahrhaftigkeit und Politik wohnen selten unter einem Dach.

— Stefan Zweig

Schädliche staatliche Bildungssysteme

„‘Aufgaben lernen, eine Grammatik oder einen Abriss auswendig wissen, gut wiederholen, gut nachmachen, das ist eine komische Erziehung, bei der jede Anstrengung nur ein Beweis des Glaubens an die Unfehlbarkeit des Lehrers ist und dazu führt, uns herabzusetzen und unfähig zu machen.‘ Jules Simon (Unterrichtsminister)

Wäre diese Erziehung nur nutzlos, so könnte man sich damit begnügen, die unglücklichen Kinder zu bedauern, denen man statt vieler notwendiger Dinge lieber die Genealogie der Söhne Chlotars… beibringt, sie bewirkt bei dem, der sie genossen hat, einen heftigen Widerwillen gegen die Verhältnisse, in denen er geboren ist, und den nachdrücklichen Wunsch, aus ihnen herauszukommen. Der Arbeiter will nicht mehr Arbeiter, der Bauer nicht mehr Bauer bleiben, und der letzte Kleinbürger sieht für seine Söhne keine andere Möglichkeit als die Laufbahn eines fest besoldeten Staatsbeamten. Anstatt die Menschen für das Leben vorzubereiten, bereitet die Schule sie nur für öffentliche Ämter vor, in denen man ohne einen Schimmer von Tatkraft Erfolg haben kann. Sie erzeugt am Fuße der sozialen Leiter die proletarischen Heere, die mit ihrem Los unzufrieden und stets zum Aufstand bereit sind; oben aber unsere leichtfertige, zugleich skeptische und gläubige Bourgeoisie, mit ihrem übertriebenen Vertrauen zur Staatsvorsehung, die sie gleichwohl unaufhörlich beschimpft, weil sie stets ihre eigenen Fehler der Regierung zuschiebt und unfähig ist, ohne die Vermittlung der Obrigkeit etwas zu unternehmen.

Der Staat kann nur eine kleine Anzahl der Anwärter verwenden, die er mit Hilfe von Handbüchern fabriziert und dafür auszeichnet, und lässt die anderen ohne Beschäftigung. Er muss sich also dareinfinden, die ersten zu ernähren und die andern zu Feinden zu haben. Von der Spitze bis zum Fuß der sozialen Pyramide belagert heute das riesige Heer der Anwärter die verschiedenen Ämter. Ein Kaufmann findet schwer einen Stellvertreter in den Kolonien, aber es gibt Tausende von Kandidaten, die sich um die bescheidensten öffentlichen Stellungen bemühen. Das Seinedepartement allein zählt zwanzigtausend beschäftigungslose Lehrer und Lehrerinnen, die Feld und Werkstatt verachten und sich an den Staat wenden, um leben zu können. Da die Zahl der Auserwählten beschränkt ist, so muss notwendigerweise die der Unzufriedenen ungeheuer groß sein. Sie sind zu allen Revolutionen bereit, gleichgültig unter welchem Führer und zu welchen Zielen. Der Erwerb unnützer Kenntnisse ist ein sicheres Mittel, einen Menschen zum Empörer zu machen.“

Gustave Le Bon

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