Die freie Marktwirtschaft als freiheitliches ‚Gesamtkonzept‘

Journalismus ist, etwas zu veröffentlichen, was andere nicht wollen, dass es veröffentlicht wird. Alles andere ist Propaganda.

— George Orwell (1903 – 1950)

Die freie Marktwirtschaft als freiheitliches ‚Gesamtkonzept‘

Gastautor: Markus Ross 04.01.2021

Wie bereits Ayn Rand in ihrem Klassiker „Capitalism: The Unknown Ideal“*1 beschrieben hat, ist das Konzept der freien Marktwirtschaft (auch ‚Kapitalismus‘ genannt), nicht auf die Wirtschaft beschränkt, sondern ein freiheitliches Gesamtkonzept, das alle Lebensbereiche umfasst, das heißt, Gesellschaft, Ethik, Politik, Umwelt und Wirtschaft. Im Mittelpunkt der Überlegung stehen jeweils die Freiheit und die Verantwortung des Individuums.

 

Der ethischen Verantwortung der Gesellschaft, ihren Mitmenschen und der Natur gegenüber können die Individuen allerdings nur gerecht werden, wenn ihnen die entsprechenden ethischen Werte und Tugenden über ihre Erziehung durch Familie, Schule, Religion und ihre soziale Umgebung vermittelt wurden. Sowohl die christlich-jüdischen Religionen als auch die auf ihren Fundamenten basierenden Philosophien vermitteln Grundwerte (siehe u.a. die ‚zehn Gebote‘), die für ein gedeihliches Miteinander elementar wichtig sind.

 

Da der Kapitalismus allen anderen Wirtschaftssystemen – und insbesondere dem vollen Sozialismus oder Kommunismus – in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg zweifelsfrei überlegen ist, versuchen seine Gegner ihn vor allen Dingen dadurch zu diskreditieren, dass sie ihn als unmoralisch, unmenschlich oder ‚kalt‘ diffamieren. Auf diese Weise diskreditiert, wird die freie Marktwirtschaft heute auch gleich noch für alle Klima- und Umweltschäden oder sonstigen Missstände in der Welt verantwortlich gemacht.

 

Und da es die Befürworter des Kapitalismus ihrerseits versäumen herauszustellen, dass die freie Marktwirtschaft den sozialistischen Modellen grundsätzlich auch moralisch deutlich überlegen ist, nehmen die meisten Menschen den Kapitalismus heute nur als reines Wirtschaftssystem wahr, das zwar insgesamt erfolgreicher ‚wirtschaftet‘ als sozialistische oder planwirtschaftliche Systeme, das aber kalt, ungerecht, unmenschlich und unter dem Strich schädlich sei.

 

Hierin liegt der entscheidende Marketingfehler der Kapitalismusbefürworter und der Grund dafür, dass sich das erfolgreichste Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der Geschichte trotz aller Vorzüge seit Jahrzehnten in der Defensive befindet – und heute die ernste Gefahr besteht, dass sich erneut sozialistische Tendenzen durchsetzen. Und das, obwohl diese in der Vergangenheit ausnahmslos katastrophale Ergebnisse abgeliefert haben. Und zwar in allen Bereichen: wirtschaftlich, sozial, moralisch und auch unter Umweltschutzaspekten.

 

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass es den reinen Kapitalismus noch nie gegeben hat und es zu jeder Zeit schädliche staatliche Interventionen gegeben hat. Vor allen Dingen gravierende Manipulationen des Geldsystems: diese politischen Einflussnahmen waren dann auch für alle großen Wirtschaftskrisen verantwortlich – und nicht die freie Wirtschaft.

 

Der Kapitalismus lebt von religiösen, ethischen und kulturellen Voraussetzungen, für deren Erhalt und Pflege das Gesellschaftssystem, in das er eingebettet ist, Sorge tragen muss.

Das moralische System des Kapitalismus basiert auf Freiheit, Freiwilligkeit, freien Wahlmöglichkeiten, der Eigenverantwortung des Individuums für sich und seine Familie und, basierend auf der christlichen Ethik, auch auf dem Gebot der freiwilligen Sorge für die Mitmenschen und den Erhalt der Schöpfung.

Das zu einer freien Gesellschaft passende moralische Gebot der Subsidiarität, das sich ebenfalls aus dem christlichen Glauben ableiten lässt, besagt, dass alle zu entscheidenden Dinge nach Möglichkeit auf der niedrigsten, das heißt am wenigsten zentralisierten und insofern am ehesten dazu befähigten Ebene entschieden werden sollten, und das ist im Zweifelsfall die Familie beziehungsweise das Individuum.

 

Im Sozialismus sind insofern gerade die Familie und der Individualismus Feindbilder. Das für viele Menschen ansprechende utopische sozialistische Heils- und Erlösungsversprechen (bereits im Diesseits!) basiert darauf, dass sich der Mensch als Individuum aufgibt und sich von Geburt an der staatlichen Planung unterordnet.

Ein weiterer, für viele Menschen am Sozialismus zumindest auf den ersten Blick sehr ansprechender, Teil der Ideologie – Gerechtigkeit durch die ‚Gleichheit‘ der Menschen – basiert auf der Bedienung von Neidgefühlen. Neid ist einer der sieben christlichen Todsünden.

Ein Kernelement der sozialistischen Moral ist insofern Raub und Plünderung der Fleißigen und Erfolgreichen durch Steuern, Abgaben und Inflation und die anschließende Umverteilung durch die herrschende Klasse mit Hilfe einer stetig wachsenden Bürokratie im vermeintlichen Interesse eines diffusen ‚Gemeinwohls‘.

In der zentralen Planwirtschaft ist auch kein Platz für das freiheitlich-christliche Gebot der Subsidiarität und der Eigenverantwortung.

Neben dem Elend ist Zwang in jeder Form das Markenzeichen sozialistischer Planwirtschaften: Zwang zum Altruismus, Zwang zur Gleichheit, Zwang zur Arbeit, Knechtschaft anstelle von Freiheit.

Die versprochene sozialistische Utopie des ‚Himmel auf Erden‘ hat sich noch immer als Hölle herausgestellt.

 

Da Familie und christliche Religion wichtige Bestandteile einer auch unter moralischen Aspekten gut funktionierenden freien Wirtschaft sind, sind sie nicht erst seit Karl Marx die wesentlichen Feindbilder der Progressiven. Und nicht zuletzt seit ihrem Mitte des 20. Jahrhunderts begonnenen Marsch durch die Institutionen konnten die Progressiven hinsichtlich der Zerstörung dieser Institutionen leider bereits sehr große Erfolge feiern. Der entsprechende Werteverfall hat unter anderem ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die neueren Weltfinanzkrisen eine so gefährliche Dimension annehmen konnten.

 

Was kann heute getan werden, um eine lebenswerte Welt anzustreben?

Was sind die Bausteine für eine lebenswerte Welt?

Den Menschen muss ein insgesamt optimistisches und sympathisches Gesellschaftsbild vermittelt werden, das sie akzeptieren und unterstützen (Ideologie, ‚Narrativ‘).

Der Idealzustand, da dürften sich alle vernünftigen Menschen einig sein, ist eine Welt, in der alle Menschen gut versorgt sind, in Frieden, Freundschaft, und Freiheit leben, fürsorglich mit ihren Mitmenschen und der Umwelt umgehen und eine faire Chance haben, eigenständig ‚ihr Glück suchen zu können‘.*2

Dass dieser ‚paradiesische‘ Zustand erreicht wird, ist Utopie, aber zumindest sollte alles dafür getan werden, um Zukunftshoffnung und Orientierung zu fördern und dem Idealzustand möglichst nah zu kommen.

 

Eine gut funktionierende Wirtschaft ist Grundvoraussetzung für eine stabile Gesellschaft und auch für den Erhalt der Umwelt. Für den Wohlstandserhalt und die Förderung der Prosperität ist die freie Marktwirtschaft eindeutig das beste System.

Die wichtige Frage einer ‚gerechten‘ Verteilung von Arbeitseinkommen und Gewinnen muss unabhängig von der Frage nach der Effizienz des Wirtschaftssystems gelöst werden: hier spielen Ethik und Moral sowie die einer Gesellschaft zugrundeliegende Ideologie die entscheidende Rolle. Die sogenannten „Kardinaltugenden“ einer bürgerlichen Gesellschaft sowie christlich-jüdische Tugenden liefern eine gute Basis für eine lebenswerte Gemeinschaft: Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Weisheit, Ehrlichkeit, Gewaltlosigkeit, Demut, Sparsamkeit, Verantwortungsgefühl.

Der Staat soll zum Schutz seiner Bürger nur an den Stellen eingreifen, an denen die freiwillige Unterstützung der Menschen durch die anderen Bürger nicht ausreicht.

 

Auch im Bereich von Politik und Gesellschaft sollte das Gebot der Freiheit der Individuen im Vordergrund stehen. Freiheit(en) kann es in jedem Gesellschaftssystem geben – oder auch nicht. Wichtig sind auf jeden Fall Rechtsstaatlichkeit, die Stabilität des politischen Systems sowie des Geldsystems, eine möglichst hohe Qualität der Regierungsarbeit sowie eine möglichst geringe Bürokratie.

Ein lebenswertes Gesellschaftssystem sollte weiterhin durchlässig sein, alle Leistungswilligen fördern und ihnen faire Chancen bieten sowie der Wahrheit verbunden sein.

Der Erhalt der Umwelt ist ebenfalls Grundvoraussetzung für eine lebenswerte Zukunft.

 

Der Weg dorthin führt über Aufklärung, Bildung und die Vermittlung guter ethischer Werte im Zusammenspiel von Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Religion beziehungsweise einer sinnstiftenden freiheitlichen Ideologie.

 

Verantwortungsethik statt Gesinnungsethik heißt die Devise.

 

*1

“Capitalism: The Unknown Ideal”

Ayn Rand, 1967

ISBN 978-0-451-14795-0

 

*2

„Life, Liberty and the pursuit of Happiness“

(United States Declaration of Independence, 4. Juli 1776)

 

“The interesting question is not how wealth is distributed, but how it is created.

We need to compare actual capitalism with actual socialism, not theoretical socialism to actual capitalism.

Capitalism is progressive. It advances and improves.

It is not enough for socialists to argue that their system will produce good outcomes. They also must demonstrate that these results cannot also be produced under capitalism.”

Edwin R. A. Seligman (1921)

 

https://www.wallstreet-online.de/nachrichten/autor/markus-ross

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