“Der Niedergang des Westens mag nicht mehr verhindert, aber doch um einige Zeit aufgeschoben und in erträgliche Bahnen gelenkt werden können… Mit einer Stabilisierung des besonders gefährdeten Europas und der freiheitlichen westlichen Kultur würden wir kommenden Generationen zumindest die Fristen verlängern, in denen sie Freiheit und Wohlstand für ein selbstbestimmtes Leben nutzen können…Europas Vorfeldsicherung beginnt in Zukunft nicht am Hindukusch oder auf der Krim, sondern im Mittelmeerraum und auf dem Balkan. Statt Universalität, Globalität, Integration und Interkulturalität helfen die Begriffe des Kalten Krieges besser zu begreifen, worum es heute zwischen den Kulturen und Mächten geht: um Abgrenzung, Eindämmung und Koexistenz…
Im Zusammenprall mit der islamischen Welt sehen sich in Israel Linke wie Rechte zu einem wehrhaften Realismus gezwungen. Mit einer anderen Haltung würde Israel schon lange nicht mehr existieren. Die Unmittelbarkeit der direkten Bedrohung ist ein strenger Lehrmeister, der den Europäern gegenüber den schlecht auf sie zukommenden Bedrohungen fehlt…
Die Israeli sind – jedenfalls gegenüber den Westeuropäern – von einer durch Erfahrung gestählten Illusionslosigkeit gekennzeichnet. Sie können sich ober ihrer von jeder bedrängten Lage nicht erlauben, ihre Umwelt durch die Brille schöner Worte und universeller Werte wahrzunehmen..
Während der westliche Universalismus bis hin zur Überdehnung in andere Kulturkreise geführt hat, war das Judentum nie unversalistisch ausgerichtet. Es weiß aus leidvoller Erfahrung um die Notwendigkeit von Selbstbegrenzung und Selbstbehauptung.“
Heinz Theisen (Selbstbehauptung. Warum Europa und der Westen sich begrenzen müssen)