„Das Bürgertum hat sich im 17. und 18. Jahrhundert gegen Feudalität und gegen Zünfte entscheidend durchgerungen; dem Zunftwesen entsprach öffentliche Kontrolle von Preisen, Löhnen und sonstigen Arbeitsbedingungen, Gleichheit, Sicherheit, Stabilität und Monopol – der neuen Wirtschaft Freiheit vom Staat, Prämierung des Erfolgs, Übernahme des Risikos im vollen Umfang, Konjunkturschwankungen und Krisen, freie Konkurrenz.
Eine in der Quantität gigantisch anschwellende Literatur bezeichnet die Epoche als ‚kapitalistisch‘, als einmalig – in Wirklichkeit liegt nichts anderes vor als eine Ausdehnung der uralten Prinzipien des Kaufmanns auf das Gesamtgebiet der Wirtschaft. Wagemut, Voraussicht und sorgsame Kalkulation sind für den kaufmännischen Erfolg wesentlich. Mangel an Voraussicht oder Kalkulationsfehler kosten die Existenz.
Im Wesen des Kaufmanns liegt es, an die Zukunft zu denken und die Veränderung zu begünstigen. Neue Produktions- und Verkehrsarten und -mittel, neue Erfindungen, neue Moden erweitern das Feld des Unternehmenden auf Kosten des routinemäßig Schaffenden. Der Kaufmann hat nicht an ewigen Frieden oder ewige Prosperität zu glauben, sondern das Eintreten von Krieg oder Krisen rechtzeitig in sein Kalkül einzubeziehen.
Der wirtschaftliche Fortschritt verursacht den durch ihn Verdrängten schwere Verluste. Die Krise ist ökonomischer Reinigungsprozeß. Die Epoche der Erfindungen wurde wurde vom Kaufmannsgeist begründet und wäre ohne ihn undenkbar. Eine solche Wirtschaftsära ist durch dauernde Veränderung und Ungleichheit charakterisiert. In ihr ist Stabilität gleichbedeutend mit Verkalkung; und das Hinaufsteigen der Voraussehenden und die Eliminierung der anderen ist ihr Lebenselement. ……….Stabilität ist dem innersten Wesen der freien Wirtschaft fremd..“
Felix Somary