„Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises (1881-1973) vertrat die Ansicht, dass Geld nur eine einzige Funktion hat, nämlich die Funktion des Tauschmittels. Die Funktion der Rechnungseinheit und die Wertaufbewahrungsfunktion sind lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion.
In der Tat ist die Funktion der Rechnungseinheit nur ein Ausdruck der Tauschmittelfunktion: Sie beschreibt das Tauschverhältnis zwischen den Geldeinheiten, die aufgegeben werden müssen, um die betreffende Ware zu erhalten (z. B. 100 US-Dollar für ein Hemd).
Und die Wertaufbewahrungsfunktion stellt lediglich eine Verschiebung des Tausches von der Gegenwart in die Zukunft dar.
Wenn wir uns also darauf einigen, dass Geld nur eine Funktion hat, nämlich die des Tauschmittels, kommen wir zu einer ziemlich verblüffenden Erkenntnis, nämlich dass es keine Rolle spielt, wie viel Geld in der Wirtschaft vorhanden ist.
Eine Geldmenge von z. B. 15 Mrd. € ist genauso gut oder schlecht wie eine Geldmenge von, sagen wir, 5 Mrd. €. Wenn die Geldmenge groß ist, werden die Güterpreise relativ hoch sein; wenn sie klein ist, werden die Güterpreise relativ niedrig sein. Auch hier gilt, dass jede Geldmenge für die Finanzierung einer bestimmten Transaktion von Waren und Dienstleistungen genauso gut oder schlecht ist wie jede andere.
Daraus können wir schließen, dass eine Erhöhung der Geldmenge keinen sozialen Nutzen bringt, wenn Geld nur für den Tausch nützlich ist. Sie senkt lediglich die Kaufkraft der Geldeinheit (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge in der Wirtschaft unverändert geblieben wäre).
Eine Erhöhung der Geldmenge führt zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Die Erstempfänger des neuen Geldes profitieren auf Kosten der Spätempfänger.
Die Erstempfänger können ihr neues Geld für Waren und Dienstleistungen zu unveränderten Preisen ausgeben. Da das Geld von Hand zu Hand wandert, steigen die Warenpreise, so dass die späteren Empfänger Waren nur zu höheren Preisen kaufen können.
Mit anderen Worten: Eine Erhöhung der Geldmenge in einer Volkswirtschaft ist niemals neutral. Sie schafft Gewinner (die frühen Empfänger des neuen Geldes) und Verlierer (die späten Empfänger des neuen Geldes).“
Thorsten Polleit