„Auf der Seite der Produktion des privatwirtschaftlichen Reichtums kämpfte die Askese gegen Unrechtlichkeit ebenso wie gegen rein triebhafte Habgier – denn diese war es, welche sie als ‚covetousness‘, als ‚Mammonismus‘ usw. verwarf: das Streben nach Reichtumzu dem Endzweck, reich zu sein. Denn der Besitz als solcher war Versuchung. Aber hier war nur die Askese die Kraft, ‚die stets das Gute will und stets das Böse‘ – das in ihrem Sinn Böse: den Besitz und seine Versuchungen – ‚schafft‘. Denn nicht nur sah sie, mit dem Alten Testament und in voller Analogie zu der ethischen Wertung der ‚guten Werke‘, zwar in dem Streben nach Reichtum als Zweck den Gipfel des Verwerflichen, in der Erlangung des Reichtums als Frucht der Berufsarbeit aber den Segen Gottes. Sondern, was noch wichtiger war: Die religiöse Wertung der rastlosen, stetigen, systematischen, weltlichen Berufsarbeit als schlechthin höchsten asketischen Mittels und zugleich sicherster und sichtbarster Bewährung des wiedergeborenen Menschen und seiner Glaubensechtheit mußte ja der denkbar mächtigste Hebel der Expansion jener Lebensauffassung sein, die wir hier als ‚Geist des Kapitalismus‘ bezeichnet haben. Und halten wir nun noch jene Einschnürung der Konsumption mit dieser Entfesselung des Erwerbsstrebens zusammen, so ist das äußere Ergebnis naheliegend: Kapitalbildung durch asketischen Sparzwang. Die Hemmungen, welche dem konsumtiven Verbrauch des Erworbenen entgegenstanden, mußten ja seiner produktiven Verwendung: als Anlagekapital, zugutekommen.“
Max Weber (Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus)